Zeit für eine Bestandsaufnahme und Zeit um die Frage zu klären, welche personellen Veränderungen helfen könnten, damit RWE in der kommenden Saison endlich den Sprung in die 3. Liga packen kann. Getreu dem Motto: Neu ist immer besser.
Sportvorstand Dr. Uwe Harttgen hat für einige seiner Entscheidungen Kritik einstecken müssen, doch es herrscht immerhin ein Konsens unter den Anhängern, dass der Kader, den er gemeinsam mit Trainer Marc Fascher zusammengestellt hat, großes Potenzial besitzt, das über weite Strecken der Saison auch abgerufen wurde. Nur wenige Spieler haben die Erwartungen nicht erfüllen können. Drei Neuzugänge stechen klar heraus, die bei weitem nicht das abliefern konnten, was man sich von ihnen versprochen hat. Eine Trennung wäre in diesen Fällen das Beste für alle Beteiligten. Und auch in einer vierten Personalie wird der Verein um einen Wechsel nicht herumkommen. Es wird immer deutlicher, dass ein Trainerwechsel alternativlos ist.
Mario Neunaber Als Anführer geholt und von Fascher zum Kapitän ernannt, hat der Neuzugang vom SSV Jahn Regensburg nie vollends überzeugen können. Zu Saisonbeginn vertrat er den verletzten Philipp Zeiger in der Innenverteidigung und lieferte dort unterirdische Vorstellungen ab. Nach Zeigers Rückkehr flog er kurzzeitig aus der Mannschaft, um dann als Rechtsverteidiger zurückzukehren. Auf dieser Position stabilisierten sich seine Leistungen, wenngleich auf einem Niveau, das Trainer, Sportvorstand und Fans nie zufriedenstellen konnte.
In der Rückrunde stand er bislang überhaupt nur ein einziges Mal im Kader. Das ist allerdings nicht in erster Linie der fehlerhaften Planung im Winter zu verdanken, durch die sich die Sportliche Leitung in eine Ecke manövriert hat – Stichwort: U23-Regel. Vielmehr ist es ein Zeichen dafür, dass Neunaber in den Planungen des Vereins (zurecht) keine Rolle mehr spielt. Das Problem: sein Vertrag läuft noch bis 2016.
Tim Treude Er kam im vergangenen Sommer auf den letzten Drücker mit einer Visitenkarte in der Hand, auf der „erfahrener Drittligaspieler“ stand. Da er keine Anstellung mehr bei einem Verein in der höheren Spielklasse fand, entschied er sich doch noch für Rot-Weiss Essen. Doch die Qualitäten, die ihm im Vorjahr noch zu einem Stammplatz bei Borussia Dortmunds Drittliga-Zweitvertretung verhalfen, deutete er an der Essener Hafenstraße nur sehr selten an. So lief ihm Daniel Grebe zwischenzeitlich klar den Rang ab.
Am vergangenen Wochenende kehrte er nach langer Pause zurück in die Startelf. Trotzdem ist es schwer zu glauben, dass er eine Zukunft an der Hafenstraße hat. Rot-Weiss sollte sich nicht darum bemühen, seinen Vertrag zu verlängern. Auf seiner Position im zentralen Mittelfeld tut hingegen Verstärkung Not. Ein echter „Zehner“, den RWE eigentlich schon lange nicht mehr hatte, könnte dem rot-weissen Spiel neuen Schwung verleihen.
Tobias Steffen Man kann sich nur an den Kopf fassen, wenn man sich bewusst macht, dass Steffen sogar schon zwei Einsätze in der Europa League in seiner Vita stehen hat. Einst im Trikot von Bayer Leverkusen. Im vergangenen Jahr war er noch Leistungsträger bei Fortuna Köln und stieg mit seinem Ex-Verein in die 3. Liga auf. Sieht man ihm in dieser Saison beim Fußballspielen zu, dann fragt man sich, ob das wirklich der gleiche Spieler ist. In Ansätzen ist immer wieder zu sehen, dass er die Anlagen hat, um auf Regionalliga-Niveau ein außergewöhnlicher Spieler zu sein.
Allerdings ist in dieser Saison nur sein Talent außergewöhnlich, seine Fähigkeiten bestmöglich zu verstecken. Immer wieder gab ihm Fascher die Chance in der Startelf, immer wieder landete Steffen schnell wieder auf der Bank. Anstatt weiter auf seinen Durchbruch zu warten, sollte sich RWE lieber anderweitig orientieren.
Marc Fascher Das Bild ist das gleiche wie vor einem knappen Jahr. Von den Rängen kommen „Trainer raus“-Rufe, Fascher hat – wie ehemals sein Vorgänger Waldemar Wrobel – kaum noch Befürworter unter den Anhängern. Und die Erfahrung zeigt: Ist die Stimmung erst einmal gekippt, dann gibt es an der Hafenstraße kein Zurück mehr für einen Linienchef. Inzwischen erscheint es so, als wurde der gebürtige Hamburger in der Hinrunde mehr geduldet als akzeptiert, weil er zwischenzeitlich Erfolge gefeiert hat. Inzwischen ist der Mix aus unattraktivem Fußball und bitteren Pleiten wie in den Derbys gegen Kray und Oberhausen zu viel für die Anhänger geworden. Selbst wenn sich der Trend kurzfristig umkehren sollte und RWE wieder das Siegen lernt, wird sich die Meinung der Anhänger nicht mehr ändern. Das Meinungsbild, das sich auftut, ist klar: Bleibt Fascher, wollen manche lieber RWE-Monopoly auf dem Stadion-Vorplatz spielen, als sich eine Karte zu kaufen. Obwohl nun bekannt wurde, dass sich der Vertrag des Trainers um ein Jahr verlängert, wenn er mindestens Platz fünf erreicht, bleibt dem Verein keine andere Wahl, als spätestens im Sommer einen Neuanfang zu wagen – mal wieder. Denn neu ist schließlich immer besser.